Versuchte Steuerhinterziehung: Strafmaß
Das Wichtigste im Überblick
Versuchte Steuerhinterziehung wird nach § 23 Abs. 1 StGB in Verbindung mit § 370 AO bestraft – das Strafmaß kann bei einem Versuch milder ausfallen als bei der vollendeten Tat, liegt aber dennoch zwischen Geldstrafe und bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
Der Versuch beginnt bereits mit dem unmittelbaren Ansetzen zur Tathandlung – entscheidend ist nicht der Erfolg der Steuerhinterziehung, sondern bereits die Absicht und das konkrete Handeln zur Schädigung des Fiskus.
Ein rechtzeitiger Rücktritt vom Versuch kann Straffreiheit bewirken – wer die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert, kann unter bestimmten Voraussetzungen straffrei bleiben (§ 24 StGB).
Warum die versuchte Steuerhinterziehung strafrechtlich relevant ist
Haben Sie eine unvollständige oder fehlerhafte Steuererklärung eingereicht und fragen sich nun, welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen könnten? Viele Beschuldigte unterschätzen die rechtliche Tragweite einer versuchten Steuerhinterziehung. Das deutsche Strafrecht ahndet nicht nur vollendete Straftaten, sondern bereits den Versuch bestimmter Delikte – und Steuerhinterziehung gehört dazu.
Die versuchte Steuerhinterziehung ist ein häufiger Vorwurf in steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Oft entsteht sie durch fehlerhafte Angaben in Steuererklärungen, durch verspätete Korrekturen oder durch das Verschweigen steuerrelevanter Einkünfte. Während die Finanzbehörden zunächst im Rahmen des Besteuerungsverfahrens tätig werden, kann bei Verdacht auf vorsätzliches Handeln schnell die Strafverfolgung einsetzen.
Das Strafmaß bei versuchter Steuerhinterziehung hängt von zahlreichen Faktoren ab: von der Höhe des beabsichtigten Steuerschadens, vom Grad der kriminellen Energie, von eventuellen Vorstrafen und davon, in welchem Stadium der Versuch entdeckt wurde.
Rechtliche Grundlagen: §§ 370, 23, 24 AO und StGB
Steuerhinterziehung nach § 370 AO
Die Steuerhinterziehung ist in § 370 Abgabenordnung (AO) geregelt. Nach § 370 Abs. 1 AO macht sich strafbar, wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt. Das Ziel der Tat ist es, Steuern zu verkürzen oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen.
Die vollendete Steuerhinterziehung liegt vor, wenn die Steuer tatsächlich verkürzt wurde oder der nicht gerechtfertigte Steuervorteil erlangt wurde. Das Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
Der Versuch der Steuerhinterziehung nach § 23 StGB
Nach § 23 Abs. 1 StGB ist der Versuch eines Verbrechens stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. § 370 Abs. 2 AO stellt ausdrücklich klar, dass der Versuch der Steuerhinterziehung strafbar ist. Damit gehört die versuchte Steuerhinterziehung zu den Delikten, bei denen bereits das bloße Ansetzen zur Tat unter Strafe steht.
Ein Versuch liegt nach § 22 StGB vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Bei der Steuerhinterziehung bedeutet dies: Sobald der Beschuldigte mit der konkreten Ausführungshandlung beginnt – etwa durch Abgabe einer falschen Steuererklärung oder durch bewusstes Verschweigen von Einkünften –, liegt ein strafbarer Versuch vor, selbst wenn die Steuer noch nicht tatsächlich verkürzt wurde.
Strafrahmen bei versuchter Steuerhinterziehung
Nach § 23 Abs. 2 StGB kann die Strafe für den Versuch milder sein als die Strafe für die vollendete Tat. Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB mildern. Der Strafrahmen für die versuchte Steuerhinterziehung liegt daher grundsätzlich zwischen Geldstrafe und bis zu drei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe (bei Anwendung der Strafmilderung auf den Regelstrafrahmen von fünf Jahren).
Rücktritt vom Versuch nach § 24 StGB
Eine besondere Bedeutung hat § 24 StGB, der den strafbefreienden Rücktritt vom Versuch regelt. Nach § 24 Abs. 1 StGB wird nicht wegen Versuchs bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Bei der Steuerhinterziehung bedeutet dies: Wer rechtzeitig eine Berichtigung nach § 153 AO vornimmt oder auf andere Weise die Vollendung der Tat verhindert, kann unter Umständen straffrei bleiben.
Allerdings sind die Anforderungen an einen wirksamen Rücktritt hoch. Die Aufgabe der Tatausführung muss freiwillig erfolgen – nicht etwa, weil der Täter befürchtet, entdeckt zu werden. Zudem muss der Rücktritt rechtzeitig erfolgen, das heißt, bevor die Tat vollendet ist und bevor die Finanzbehörden Kenntnis von der Steuerhinterziehung erlangt haben.
Hauptaspekte: Wann liegt ein Versuch vor?
Abgrenzung zwischen Vorbereitung und Versuch
Eine zentrale Frage im Steuerstrafrecht ist die Abgrenzung zwischen strafloser Vorbereitung und strafbarem Versuch. Die bloße Planung einer Steuerhinterziehung – etwa das Sammeln von Belegen oder das Überlegen, wie man Einkünfte verschweigen könnte – ist noch nicht strafbar. Erst das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung begründet den Versuch.
Bei der Steuerhinterziehung durch aktives Tun (etwa durch Abgabe einer falschen Steuererklärung) liegt der Versuch vor, sobald die Erklärung beim Finanzamt eingereicht wird. Bereits mit Zugang der Erklärung beim Finanzamt beginnt der Versuch, unabhängig davon, ob das Finanzamt die Angaben bereits geprüft hat oder nicht.
Subjektive Tatbestandsmerkmale: Vorsatz und Bereicherungsabsicht
Für eine versuchte Steuerhinterziehung ist Vorsatz erforderlich. Der Täter muss wissen und wollen, dass er durch seine Handlung Steuern verkürzt oder sich einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil verschafft. Bedingter Vorsatz reicht aus – das bedeutet, es genügt, wenn der Täter die Steuerverkürzung für möglich hält und billigend in Kauf nimmt.
Praktische Tipps für Betroffene
Sofortmaßnahmen bei Verdacht auf versuchte Steuerhinterziehung
Wenn Sie den Verdacht haben, dass gegen Sie ein Ermittlungsverfahren wegen versuchter Steuerhinterziehung eingeleitet werden könnte, sollten Sie folgende Maßnahmen ergreifen:
Keine vorschnellen Aussagen: Machen Sie weder gegenüber den Finanzbehörden noch gegenüber der Polizei oder Staatsanwaltschaft vorschnelle Aussagen. Sie haben das Recht zu schweigen, und dieses Recht sollten Sie zunächst nutzen, bis Sie anwaltlich beraten wurden.
Rechtzeitige anwaltliche Beratung: Kontaktieren Sie umgehend einen auf Steuerstrafrecht spezialisierten Rechtsanwalt. Eine frühzeitige Beratung kann entscheidend sein, um Ihre Rechte zu wahren und die bestmögliche Verteidigungsstrategie zu entwickeln.
Dokumentation sichern: Sichern Sie alle relevanten Unterlagen, Belege und E-Mails, die für Ihren Fall von Bedeutung sein könnten. Diese Dokumentation kann später wichtig sein, um Ihren Sachvortrag zu belegen oder um nachzuweisen, dass kein Vorsatz vorlag.
Prüfung einer Selbstanzeige: In bestimmten Fällen kann eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO in Betracht kommen. Allerdings sind die Voraussetzungen hierfür streng und eine fehlerhafte Selbstanzeige kann die Situation verschlimmern. Eine Selbstanzeige sollte daher nur nach gründlicher anwaltlicher Prüfung erfolgen.
Die Kanzlei Rechtsanwalt & Strafverteidiger Christian Isselhorst bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Situation und steht Ihnen rund um die Uhr über die 24-Stunden-Notfallnummer zur Verfügung.
Bedeutung der Akteneinsicht
Ist ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren bereits eingeleitet worden, hat Ihr Verteidiger das Recht auf Akteneinsicht. Die Akteneinsicht ist von entscheidender Bedeutung, um den Umfang der Ermittlungen zu verstehen, um die Beweislage zu beurteilen und um eine Verteidigungsstrategie zu entwickeln.
Die Ermittlungsakten enthalten regelmäßig die Steuererklärungen, Kontounterlagen, Vernehmungsprotokolle und gegebenenfalls Gutachten von Steuerfahndern. Erst nach Durchsicht dieser Unterlagen kann Ihr Verteidiger beurteilen, ob tatsächlich ein Tatverdacht besteht, ob die Voraussetzungen eines Versuchs vorliegen und welche Verteidigungsstrategien erfolgversprechend sind.
Checkliste: Was tun bei Verdacht auf versuchte Steuerhinterziehung?
1. Schweigen wahren
- Machen Sie keine Aussagen gegenüber Ermittlungsbehörden ohne vorherige anwaltliche Beratung
- Nutzen Sie Ihr Schweigerecht – es kann nicht zu Ihrem Nachteil ausgelegt werden
2. Anwaltliche Beratung einholen
- Kontaktieren Sie umgehend einen auf Steuerstrafrecht spezialisierten Rechtsanwalt
- Schildern Sie den Sachverhalt vollständig und wahrheitsgemäß
3. Unterlagen sichern
- Sammeln Sie alle relevanten Belege, Steuererklärungen und Korrespondenz
- Erstellen Sie eine chronologische Übersicht der Ereignisse
4. Selbstanzeige prüfen
- Lassen Sie prüfen, ob eine strafbefreiende Selbstanzeige noch möglich ist
- Beachten Sie: Eine fehlerhafte Selbstanzeige kann die Situation verschlechtern
5. Akteneinsicht beantragen
- Ihr Verteidiger sollte umgehend Akteneinsicht beantragen
- Die Ermittlungsakten geben Aufschluss über den Stand der Ermittlungen
6. Keine eigenmächtigen Kontakte
- Kontaktieren Sie die Finanzbehörden oder Staatsanwaltschaft nicht ohne Absprache mit Ihrem Anwalt
- Jede Aussage kann strafrechtlich relevant sein
7. Finanzielle Vorsorge treffen
- Bereiten Sie sich auf mögliche Nachzahlungen, Zinsen und Strafzuschläge vor
- Klären Sie Ihre finanzielle Situation mit Ihrem Anwalt
8. Verteidigungsstrategie entwickeln
- Besprechen Sie mit Ihrem Anwalt die möglichen Verteidigungsstrategien
- Wägen Sie Chancen und Risiken verschiedener Vorgehensweisen ab
Versuchte Steuerhinterziehung nicht unterschätzen
Die versuchte Steuerhinterziehung ist ein ernstzunehmendes Straftatbestand, der erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen kann. Bereits das bloße Ansetzen zur Tatausführung ist strafbar – unabhängig davon, ob die Steuer tatsächlich verkürzt wurde. Das Strafmaß reicht von Geldstrafen bis zu mehrjährigen Freiheitsstrafen und hängt von zahlreichen Faktoren ab, insbesondere von der Höhe des beabsichtigten Steuerschadens, vom Grad der kriminellen Energie und vom Nachtatverhalten.
Wer mit dem Vorwurf einer versuchten Steuerhinterziehung konfrontiert wird, sollte nicht zögern, sich umgehend anwaltliche Unterstützung zu holen. Eine frühzeitige und qualifizierte Verteidigung kann entscheidend sein, um Ihre Rechte zu wahren, Fehler zu vermeiden und das bestmögliche Ergebnis zu erreichen. In vielen Fällen kann durch eine strategisch kluge Verteidigung eine Einstellung des Verfahrens, eine erhebliche Strafmilderung oder sogar Straffreiheit erreicht werden.
Die Kanzlei Rechtsanwalt & Strafverteidiger Christian Isselhorst verfügt über langjährige Erfahrung im Steuerstrafrecht und steht Ihnen mit Diskretion, Schnelligkeit und Transparenz zur Seite. Vereinbaren Sie jederzeit einen Termin für eine Ersteinschätzung.
Häufig gestellte Fragen
Wann liegt ein Versuch der Steuerhinterziehung vor?
Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Bei der Steuerhinterziehung ist dies regelmäßig der Fall, sobald eine unrichtige oder unvollständige Steuererklärung beim Finanzamt eingeht oder die Frist zur Abgabe einer Steuererklärung vorsätzlich verstreichen gelassen wird.
Welches Strafmaß droht bei versuchter Steuerhinterziehung?
Das Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe, wobei bei einem Versuch nach § 23 Abs. 2 StGB eine Strafmilderung möglich ist. In der Praxis werden bei Ersttätern und überschaubaren Schadenssummen meist Geldstrafen verhängt, während bei höheren Schäden oder professionellem Vorgehen auch Freiheitsstrafen in Betracht kommen.
Ist ein Rücktritt vom Versuch möglich?
Ja, nach § 24 StGB ist ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch möglich, wenn der Täter freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Bei der Steuerhinterziehung kann dies durch rechtzeitige Berichtigung nach § 153 AO geschehen, sofern die Finanzbehörden noch keine Kenntnis von der Tat erlangt haben.
Was ist der Unterschied zwischen versuchter und vollendeter Steuerhinterziehung?
Die versuchte Steuerhinterziehung liegt vor, wenn der Täter zur Tatausführung ansetzt, die Steuer aber noch nicht verkürzt wurde. Die vollendete Steuerhinterziehung ist gegeben, wenn die Steuer tatsächlich verkürzt wurde oder ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil erlangt wurde. Der entscheidende Unterschied liegt also im Erfolgseintritt.
Kann eine Selbstanzeige bei versuchter Steuerhinterziehung noch helfen?
Ja, eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO ist grundsätzlich auch bei versuchter Steuerhinterziehung möglich. Allerdings müssen die strengen Voraussetzungen des § 371 AO erfüllt sein, insbesondere muss die Selbstanzeige vollständig sein und darf nicht zu spät erfolgen. Eine fehlerhafte Selbstanzeige kann die Situation verschlimmern, weshalb eine anwaltliche Beratung unbedingt erforderlich ist.
Was sollte ich tun, wenn ich eine Vorladung als Beschuldigter erhalten habe?
Kontaktieren Sie umgehend einen auf Steuerstrafrecht spezialisierten Rechtsanwalt und machen Sie zunächst keine Aussagen. Sie haben das Recht zu schweigen, und dieses Recht sollten Sie nutzen, bis Sie anwaltlich beraten wurden. Ihr Verteidiger wird die Ermittlungsakten einsehen und mit Ihnen die beste Verteidigungsstrategie entwickeln.
Welche Rolle spielt die Höhe des Steuerschadens für das Strafmaß?
Die Höhe des beabsichtigten Steuerschadens ist ein wesentliches Strafzumessungskriterium. Bei niedrigen Schadenssummen und Ersttätern werden häufig Geldstrafen verhängt. Bei höheren Schäden kommen auch Freiheitsstrafen in Betracht.
Wie lange dauert ein Verfahren wegen versuchter Steuerhinterziehung?
Die Dauer eines Verfahrens variiert stark je nach Komplexität des Falls. Einfache Fälle können innerhalb weniger Monate abgeschlossen werden, etwa durch Einstellung gegen Zahlung einer Geldauflage nach § 153a StPO. Komplexe Fälle mit umfangreichen Ermittlungen und Hauptverhandlungen können hingegen mehrere Jahre dauern.
Welche Konsequenzen hat eine Verurteilung wegen versuchter Steuerhinterziehung?
Neben der strafrechtlichen Sanktion (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe) müssen die hinterzogenen Steuern nebst Zinsen nachgezahlt werden. Zudem kann die Verurteilung berufliche Konsequenzen haben, etwa den Verlust der Zuverlässigkeit für bestimmte Berufe oder Gewerbe.




